Bulimie
Synonyme: Hyperorexie, Ess-Brech-Sucht, Bulimia nervosa, "Freß-Kotz-Sucht"
von griechisch: βουλιμία, „der Ochsenhunger“
Englisch: bulimia, bulimarexia, binge-purge syndrome
Definition
Die Bulimie oder lateinisch Bulimia nervosa ist eine Essstörung, die durch wiederkehrende Heißhungerattacken gekennzeichnet ist. Das Wort "nervosa" deutet auf die psychische Komponente der Bulimie hin.
Einteilung
Es werden zwei verschiedene Arten von Bulimie unterschieden:
- Purging-Typ: Nach den Essattacken erbrechen die Erkrankten oder führen ab.
- Nicht-purging-Typ: Essattacken vollziehen sich ohne anschließendes Erbrechen oder Abführen. Die Gewichtsreduktion wird stattdessen mit anderen Maßnahmen zu erreichen versucht, z.B. durch Hungern oder exzessiven Sport.
Symptome
Folgende Symptome können bei einer Bulimia nervosa auftreten:
- Wiederholt auftretende unregelmäßige Essanfälle
- Kontrollverlust während des Essanfalls
- Körperschema-Störung: Betroffene nehmen sich selbst dicker wahr, als sie in Wirklichkeit sind
- Übertriebene Gewichtskontrolle
- Betroffene führen nach dem Essen Erbrechen herbei oder nehmen harntreibende Medikamente (Diuretika) oder Abführmittel ein.
- Extreme sportliche Aktivität um die Kalorienaufnahme rückgängig zu machen.
- Strenge Diäten und Fastenkuren
- Gewichtsschwankungen in kurzen Abständen
- Symptome der Mangelernährung im Vitamin- oder Elektrolythaushalt auf.
- Herzrhythmusstörungen durch Hypokaliämie
- Hormonelle- und Stoffwechselveränderungen
- Energie- und Antriebslosigkeit
- Gastritis, Ösophagitis sowie Karies (verursacht durch ständiges Erbrechen)
- Schwielen an den Fingern (Russell-Zeichen)
- Psychiatrische Komorbiditäten (Substanzmissbrauch, Depression, Angststörungen)
Ursachen
Die Ursachen für Bulimie sind in der Regel multifaktoriell bedingt.
Es ist eine Kombination aus:
- psychologischen
- familiären
- genetischen
- soziokulturellen Faktoren.
Auch traumatische Erlebnisse können Bulimie mit verursachen. Die gleichen Ursachen sind auch für Anorexia nervosa zu finden. Im Unterschied zur anorexischen Familie, in der heftige negative Emotionen nicht geduldet werden, zeichnen sich bulimische Familien durch ein hohes Maß an Streit und Konflikten aus.
Diagnose
Die Diagnose "Bulimie" wird in der Regel klinisch anhand der Symptome gestellt. Dabei kommt dem ausführlichen Gespräch mit den Betroffenen eine zentrale Bedeutung zu. Bei Minderjährigen sollte die Eigenanamnese, durch das Gespräch mit den Erziehungsberechtigten ergänzt werden.
Die Basisdiagnostik umfasst EKG, Echokardiographie, Sonografie der Nieren, sowie Laboruntersuchungen (Blutbild, Elektrolyte). Sie ist darauf gerichtet, eventuelle Folgeschäden an Herz oder Nieren festzustellen.
Therapie
Die Therapie kann in der Regel ambulant erfolgen. Eine stationäre Einweisung ist bei der Bulimie erst dann nötig, wenn medizinische Komplikationen auftreten, die Betroffenen sehr stark psychisch belastet sind oder die ambulante Behandlung sich als unwirksam erweist. Ein wichtiges Ziel der Langzeittherapie bei Bulimie besteht darin, das Essverhalten zu ändern.
Wichtig für eine wirksame Therapie ist es, dass der Betroffene sein Verhalten als Krankheit erkennt und Hilfe annimmt. Problemlösungsstrategien und Gestalttherapie können gute Ergebnisse zeigen.
Medikamente spielen bei der Behandlung der Bulimie eine untergeordnete Rolle. In manchen Fällen werden jedoch Antidepressiva und Monoaminoxidasehemmer verabreicht.
Prognose
Die Langzeitfolgen von Bulimia nervosa können sehr vielfältig sein.
- Ca. 50% der Patienten sind bei optimaler Therapie nach zwei bis zehn Jahren symptomfrei.
- Bei ca. 20% setzt sich die Bulimie in der gleichen Weise fort.
- Ca. 30% weisen eine sub-diagnostische Bulimie auf.